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Emissionsfaktoren im Fokus

Erfahren Sie, warum Emissionsfaktoren das Herzstück jeder THG-Bilanzierung sind, wie die geplante Datenbank des Umweltbundesamtes für mehr Transparenz sorgt und welche Vorteile professionelle Unterstützung für KMU bei der Erstellung ihrer Klimabilanz bietet.

MetriBo Academy

Jul 7, 2025

Nachhaltiges Unternehmen

EMISSIONSFAKTOREN UND IHRE 

BEDEUTUNG

Die präzise Treibhausgas­bilanzierung (THG-Bilanzierung) hat sich für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu einem zentralen Baustein des Klimamanagements entwickelt. Emissionsfaktoren sind dabei das wissenschaftliche Fundament: Sie quantifizieren, wie viel CO₂-Äquivalent pro Einheit einer Aktivität entsteht, und machen Emissionen erst mess- und vergleichbar. Der geplante Aufbau einer einheitlichen Emissionsfaktoren-Datenbank durch das Umweltbundesamt (UBA) wird diesen Prozess vereinfachen und vereinheitlichen. Dieser Leitfaden erläutert die Rolle von Emissionsfaktoren, stellt wichtige bestehende Datenbanken vor, erklärt die Funktionsweise gängiger THG-Rechner und zeigt, warum der Einbezug externer Expertise vielen KMU deutliche Vorteile bringt.

1  WAS SIND EMISSIONSFAKTOREN

Ein Emissionsfaktor gibt an, wie viel CO₂-Äquivalent durchschnittlich bei einer bestimmten Aktivität freigesetzt wird. Typischerweise wird er in Kilogramm oder Gramm CO₂e pro Einheit – etwa Liter Brennstoff, Personenkilometer oder Kilowattstunde – angegeben. Durch die Umrechnung nicht-kohlenstoffhaltiger Gase in CO₂-Äquivalente lassen sich auch Methan, Lachgas oder fluorierte Gase vergleichbar darstellen. Die Nutzung belastbarer Emissionsfaktoren gewährleistet so eine konsistente, nachvollziehbare und zwischen Unternehmen vergleichbare Bilanz.

In einer THG-Bilanz werden die Emissionsfaktoren mit den unternehmensspezifischen Aktivitätsdaten multipliziert. Je genauer beide Größen vorliegen, desto präziser wird das Ergebnis. Weichen die Faktoren ab – beispielsweise, weil sie aus unterschiedlichen Datenbanken stammen oder für andere Länder gelten – kann die Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen massiv leiden.

2  DIE ZENTRALE ROLLE DER FAKTOREN 

Der Greenhouse Gas Protocol unterscheidet drei Scopes. Direkte Emissionen (Scope 1) umfassen eigene Verbrennungsprozesse und Fuhrparks. Indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie (Scope 2) betreffen Strom, Fernwärme oder Kälte. Alle weiteren indirekten Emissionen der Wertschöpfungskette (Scope 3) werden nochmals in 15 Unterkategorien aufgefächert, von eingekauften Waren und Dienstleistungen bis zur Entsorgung der Produkte am Lebensende. In jedem Scope sind passende, methodisch konsistente Emissionsfaktoren entscheidend, um die Emissionsquellen korrekt zu quantifizieren.

3  DIE UBA-INITIATIVE

Bislang nutzen Unternehmen eine Vielzahl von Quellen, deren Methodiken und Aktualität teils stark variieren. Das Umweltbundesamt arbeitet deshalb an einer umfassenden, qualitätsgesicherten Datenbank, die ab Herbst 2025 stufenweise bereitgestellt werden soll. Dieses Register zielt darauf ab,
– den Rechercheaufwand für Unternehmen zu reduzieren,
– methodische Konsistenz sicherzustellen und
– die Vergleichbarkeit von THG-Bilanzen branchenübergreifend zu erhöhen.

Derzeit werden die Datensätze in der Praxis erprobt und in Workshops auf Verständlichkeit, Praxistauglichkeit und Vollständigkeit geprüft. Unternehmen, die schon heute mit strukturierten Daten und etablierten Faktoren arbeiten, werden den Umstieg voraussichtlich reibungslos gestalten können.

4  RELEVANTE DATENBANKEN

  1. ProBas (UBA): Mit rund 20 000 Datensätzen deckt ProBas vor allem deutsche Prozesse, Energie- und Verkehrssysteme ab und ist kostenfrei nutzbar. Die Daten sind besonders für Ökobilanzen und Umweltproduktdeklarationen anerkannt.
  2. GEMIS: Das „Globale Emissions-Modell Integrierter Systeme“ bietet etwa 12 000 Faktoren, legt den Schwerpunkt auf Energiesysteme und Transporte und erlaubt zudem einfache Szenario-Analysen für erneuerbare Energien.
  3. DEFRA-Faktoren: Die jährlich aktualisierten Faktoren des britischen Umweltministeriums sind in vielen internationalen Berichtsformaten anerkannt. Sie decken eine große Bandbreite von Sektoren ab und erleichtern grenzüberschreitende Vergleiche.
  4. Ecoinvent: Diese kostenpflichtige Schweizer Datenbank gilt als Goldstandard für Lebenszyklusanalysen. Sie liefert detaillierte Prozessketten einschließlich Vorketten-Emissionen und ist für Branchen mit komplexen Lieferketten besonders wertvoll.
  5. IPCC EFDB und ADEME: Das IPCC führt eine frei zugängliche Sammlung globaler Standardfaktoren, während ADEME mit „Base Carbone®“ eine französische Referenzquelle betreibt, die insbesondere Konsumgüter detailliert abbildet.

5  SO FUKTIONIEREN THG-RECHNER

THG-Rechner folgen einem strukturierten dreistufigen Verfahren, das wissenschaftlich fundierte Emissionswerte aus unternehmensinternen Daten generiert. Die Grundlage bildet eine einfache, aber mächtige Berechnungsformel: Emissionen = Aktivitätsdaten × Emissionsfaktor. Jede Stufe des Verfahrens stellt eigene Anforderungen an Datenqualität und Methodenkompetenz.

5.1 Stufe 1: Datenerfassung und Aufbereitung von Primärdaten

Die erste Stufe umfasst die systematische Erhebung und Aufbereitung aller emissionsrelevanten Aktivitätsdaten des Unternehmens. Primärdaten bilden das Fundament jeder belastbaren THG-Bilanz und bestimmen maßgeblich deren Genauigkeit. Die Datenerfassung erstreckt sich über verschiedene Unternehmensbereiche und erfordert eine strukturierte Vorgehensweise.

Für Scope 1 werden direkte Verbrauchsdaten erhoben: Zählerstände für Heizöl, Erdgas oder andere Brennstoffe, Tankbelege aus dem Fuhrpark, Mengen an Kühlmitteln und anderen prozessbedingten Chemikalien. Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen verschiedenen Brennstoffqualitäten, da sich deren Emissionsfaktoren erheblich unterscheiden können.

Die Scope 2-Datenerfassung konzentriert sich auf eingekaufte Energie. Stromzähler, Fernwärme-Abrechnungen und andere Energieträger werden erfasst, wobei die Herkunft der Energie dokumentiert werden muss. Bei Ökostrom-Verträgen ist die Zertifizierung zu prüfen, da nur 100 Prozent zertifizierter Ökostrom mit einem Emissionsfaktor von null angesetzt werden darf.

Scope 3 erfordert die aufwändigste Datensammlung, da hier die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet wird. Rechnungen für eingekaufte Waren und Dienstleistungen, Logistikdaten, Informationen über Geschäftsreisen und Pendlerverkehr sowie Daten zur Entsorgung von Produkten am Lebensende werden systematisch erfasst.

Die Datenqualität steigt erheblich mit der Granularität der Informationen. Während grobe Schätzungen auf Basis von Mitarbeiterzahlen oder Umsatzdaten einen ersten Eindruck vermitteln können, ermöglichen spezifische Verbrauchsaufzeichnungen deutlich präzisere Bilanzen. Moderne Unternehmen setzen zunehmend auf IoT-Sensoren und Telematik-Systeme, um kontinuierlich hochwertige Primärdaten zu generieren.

5.2 Stufe 2: Emissionsfaktoren-Zuordnung und Validierung

Die zweite Stufe beinhaltet die Auswahl und Zuordnung passender Emissionsfaktoren zu den erfassten Aktivitätsdaten. Hier zeigt sich die Bedeutung einer fundierten Datenbank-Strategie, da verschiedene Quellen unterschiedliche Methoden und Systemgrenzen verwenden.

Für jeden Datentyp müssen spezifische Emissionsfaktoren ausgewählt werden. Ein Liter Dieselkraftstoff erzeugt etwa 2,63 kg CO₂, während ein Liter Benzin 2,32 kg CO₂ freisetzt. Diese Faktoren berücksichtigen jedoch nur die direkte Verbrennung – für eine vollständige Lebenszyklusbetrachtung müssen auch Vorketten-Emissionen aus Exploration, Raffinierung und Transport einbezogen werden.

Die Passgenauigkeit der Faktoren ist entscheidend. Regionale Stromfaktoren unterscheiden sich erheblich: Während der deutsche Strommix 2018 etwa 486 g CO₂/kWh aufwies, variiert dieser Wert je nach Region und Energieträger-Mix stark. Französischer Strom mit hohem Atomanteil hat einen anderen Faktor als norwegischer Strom aus Wasserkraft.

KI-gestützte Zuordnungssysteme erleichtern die Faktoren-Auswahl erheblich. Diese Systeme können automatisch die passenden Emissionsfaktoren für spezifische Aktivitäten vorschlagen und dabei regionale Besonderheiten, Energiequellen und Prozesstechnologien berücksichtigen. Die finale Validierung durch Fachexperten bleibt dennoch unerlässlich.

5.3 Stufe 3: Berechnung, Aggregation und Ergebnisaufbereitung

Die dritte Stufe führt die Berechnung durch, aggregiert die Ergebnisse und bereitet sie für die Analyse auf. Die Grundformel wird für jede Emissionsquelle angewendet: Verbrauchswert multipliziert mit dem entsprechenden Emissionsfaktor ergibt die Emissionslast in CO₂-Äquivalenten.

Moderne THG-Rechner führen diese Berechnungen automatisiert durch und berücksichtigen dabei verschiedene Treibhausgase durch Umrechnung in CO₂-Äquivalente. Methan wird beispielsweise mit dem Faktor 25 multipliziert, Lachgas mit 298, um deren höhere Klimawirksamkeit zu berücksichtigen.

Die Aggregation erfolgt nach den drei Scopes des Greenhouse Gas Protocol. Jede Emissionsquelle wird der entsprechenden Kategorie zugeordnet, wodurch eine strukturierte Gesamtbilanz entsteht. Diese Kategorisierung ermöglicht es Unternehmen, ihre Emissionshotspots zu identifizieren und gezielte Reduktionsmaßnahmen zu entwickeln.

Qualitätskontrollen sind in dieser Phase besonders wichtig. Plausibilitätsprüfungen erkennen Ausreißer oder Eingabefehler, während Konsistenzprüfungen sicherstellen, dass die Berechnungen methodisch korrekt durchgeführt wurden. Das Vier-Augen-Prinzip sollte bei der Datenprüfung konsequent angewendet werden.

Die Ergebnisaufbereitung umfasst die Visualisierung der Daten in übersichtlichen Diagrammen und Tabellen. Hotspot-Analysen zeigen auf, welche Aktivitäten die höchsten Emissionen verursachen. Benchmark-Vergleiche ermöglichen die Einordnung der eigenen Werte in den Branchenkontext. Szenario-Analysen modellieren die Auswirkungen verschiedener Reduktionsmaßnahmen und unterstützen so die strategische Planung.

Die Dokumentation aller Berechnungsschritte, verwendeten Datenquellen und Annahmen ist nicht nur für die interne Nachvollziehbarkeit wichtig, sondern auch für externe Audits und Zertifizierungen erforderlich. Professionelle THG-Rechner generieren daher automatisch detaillierte Berichte, die alle relevanten Informationen transparent darstellen.

6 WARUM EXTERNE EXPERTEN HELFEN

6.1  Zeitersparnis und Effizienz

Der Ersterhebung einer vollständigen THG-Bilanz geht oft ein mühsames Zusammentragen heterogener Daten voraus. Externe Fachleute verfügen über erprobte Templates, klare Prozessschritte und digitale Tools, die den Dateneingang strukturieren. So sinkt der interne Zeitaufwand deutlich, weil die Experten fehlende Belege rasch identifizieren, Standard-Kategorien korrekt zuordnen und typische Stolpersteine – etwa bei Scope-3-Grenzziehungen – vermeiden. Durch diese fokussierte Vorgehensweise kann das Unternehmen sich parallel auf sein Kerngeschäft konzentrieren, anstatt Wochen oder Monate mit manueller Datensichtung zu verbringen.

Darüber hinaus bringen Beratende Erfahrung aus Dutzenden Projekten mit. Sie wissen, welche Kennzahlen sich automatisieren lassen, wie Schnittstellen zu bestehenden ERP-Systemen eingerichtet werden und welche Daten vom Energieversorger oder Logistikdienstleister in passender Granularität erhältlich sind. Diese Routine minimiert Leerläufe und sorgt dafür, dass die Bilanzierung bereits im ersten Zyklus fristgerecht abgeschlossen wird.

6.2  Qualitätssicherung und Validierung

Neben Geschwindigkeit zählt die inhaltliche Robustheit der Ergebnisse. Externe Expertinnen und Experten beherrschen die methodischen Anforderungen von ISO 14064 oder dem Greenhouse Gas Protocol bis ins Detail. Sie prüfen, ob alle relevanten Emissionsquellen berücksichtigt sind, nehmen Konsistenzchecks vor und dokumentieren die Berechnungsschritte transparent. Eine sauber validierte Bilanz schützt das Unternehmen vor Reputationsrisiken und stellt sicher, dass Audits oder Prüfungen durch Investoren und Behörden ohne Beanstandungen verlaufen.

Zudem bringen etablierte Beratungen eigene Datenbanken mit branchenspezifischen Emissionsfaktoren oder Zugriff auf kostenpflichtige Quellen wie Ecoinvent mit. Dadurch lassen sich Faktoren auswählen, die exakt auf Prozess, Standort und Energiequelle passen. Diese Passgenauigkeit reduziert die Unsicherheit der Ergebnisse, stärkt deren Aussagekraft und erleichtert Benchmarks innerhalb der Branche.

6.3  Fachexpertise für Strategie- und Reduktionsmaßnahmen

Die eigentliche Arbeit beginnt oft nach der Bilanzierung: Nun gilt es, Emissionshotspots zu entschärfen. Fachleute identifizieren systematisch die größten Hebel, bewerten deren wirtschaftliche Machbarkeit und modellieren Einsparpotenziale. So entsteht ein priorisierter Maßnahmenkatalog, der von veränderten Beschaffungsstrategien bis zum Umstieg auf erneuerbare Energien reicht.

Externe Unterstützung hilft dabei, realistische Ziele zu setzen, Fördermöglichkeiten optimal auszuschöpfen und technische Pfade vorausschauend zu prüfen. Dadurch wird Klimaschutz nicht zum Einmalprojekt, sondern zur strategischen Agenda, die in Business-Plan und Investitionsentscheidungen verankert ist.

6.4  Regulatorische Compliance und Risikominimierung

Mit der EU-Taxonomie, der CSRD-Berichtspflicht und nationalen Klimaschutzgesetzen steigt der regulatorische Druck. Externe Beratungshäuser behalten Gesetzesänderungen im Blick, interpretieren Leitfäden der Aufsichtsbehörden und übersetzen sie in konkrete Berichtspflichten. Unternehmen profitieren, weil sie rechtzeitig Anpassungen vornehmen können und Bußgelder oder Imageschäden durch fehlerhafte Offenlegung vermeiden.

Darüber hinaus begleiten Expertinnen und Experten die Kommunikation mit Stakeholdern – von Lieferanten bis zur Finanzcommunity. Rechtssichere Berichte und konsistente Kennzahlen schaffen Vertrauen, erleichtern die Kapitalbeschaffung und positionieren das Unternehmen als verlässlichen Akteur im Transformationsprozess zur Klimaneutralität.

7 FAZIT

Emissionsfaktoren bilden das Rückgrat jeder seriösen THG-Bilanzierung. Mit der geplanten UBA-Datenbank wird die Datengrundlage in Deutschland künftig noch einheitlicher und leichter zugänglich. Doch schon jetzt haben KMU Zugang zu bewährten Quellen wie ProBas, GEMIS oder DEFRA. In Verbindung mit leistungsfähigen THG-Rechnern und, wo sinnvoll, externer Expertise lassen sich valide Bilanzen erstellen, Hotspots identifizieren und wirksame Klimastrategien entwickeln. Unternehmen, die frühzeitig in solide Datenerhebung, durchdachte Systemgrenzen und fachkundige Begleitung investieren, verschaffen sich einen klaren Vorsprung bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben und der Positionierung als nachhaltiger Marktteilnehmer.